In vielen Ländern sind die Aussichten für das gesamtwirtschaftliche Wachstum begrenzt, was auch den Aktienmarkt beeinflusst. Für Anleger ist es jedoch wichtig, dass die Gewinne weiterhin steigen. Johan van Geeteruyen, CIO Fundamental Equity von DPAM, hat seine Einschätzungen dazu gegeben, wo er die besten Chancen für ein solches Wachstum sieht.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Ölpreisanstieg stellt Marktprognosen trotz optimistischer Anleger auf Probe
Trotz der Erwartung einer sanften oder sogar keiner Landung der Weltwirtschaft haben die hohen Zinsen einen erheblichen Einfluss auf die Märkte. Der jüngste Anstieg der Ölpreise hat zusätzlich zu Unsicherheit geführt und stellt viele Marktprognosen auf die Probe.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und politischen Entscheidungen in China wirken sich auf die weltweite Stabilität aus. Um die Inflation einzudämmen, greifen Regierungen vermehrt zu staatlichen Eingriffen. Diese Maßnahmen können zu Unsicherheit an den internationalen Märkten führen und haben Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung anderer Länder.
Europa nähert sich in Bewertungen dem US-Markt an
Die gegenwärtigen Marktbewertungen deuten darauf hin, dass die Märkte derzeit nicht besonders günstig sind. Der US-Markt weist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 auf, was vor allem auf die robuste Wirtschaft und die großen Unternehmen zurückzuführen ist. Die Bewertungen des breiteren Marktes tendieren eher dazu, sich dem europäischen Niveau anzunähern.
Die Prognose für das Gewinnwachstum in den USA im Jahr 2024 liegt bei 12 %, was als ehrgeizig angesehen wird. Im Vergleich dazu erscheint Europa auf den ersten Blick mit einem angemessenen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 12 günstiger. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass ohne die extrem billigen Sektoren wie Energie und Banken das KGV in Europa bei weniger attraktiven 15-16 liegt.
Europa sieht sich derzeit mit mehreren Herausforderungen konfrontiert, die es bewältigen muss, um sein wirtschaftliches Wachstum zu fördern. Der anhaltende Krieg in der Ukraine beeinflusst die politische Stabilität und die Handelsbeziehungen der Region. Zudem hat Europa mit einer schwachen Gesamtwirtschaft zu kämpfen, die das Vertrauen der Investoren beeinträchtigt. Die Umstellung auf erneuerbare Energien im Rahmen der Energiewende erfordert Investitionen und Innovationen. Europa muss diese Hürden überwinden, um seine wirtschaftliche Stärke wiederzuerlangen.
Langfristige Finanzierungen sichern Unternehmen niedrige Zinssätze für 2021
Dank der aggressiven Maßnahmen der Zentralbanken konnte eine weltweite Wirtschaftskrise abgewendet werden. Vor allem in den USA hat eine expansive Finanzpolitik das Wachstum, die Inflation und die Finanzmärkte stimuliert. Viele Unternehmen haben diese günstige Entwicklung genutzt und sich im Jahr 2021 langfristige Finanzierungen zu niedrigen Zinssätzen gesichert. Dadurch konnten sie ihre Projekte und Investitionen vorantreiben und ihre finanzielle Lage stärken.
Durch den engen Arbeitsmarkt steigen die Gehälter der Verbraucher und sorgen für eine anhaltende Ausgabefreude. Die Auswirkungen von Zinsanhebungen werden voraussichtlich erst mit Verzögerung in der Wirtschaft spürbar sein. Solange die Arbeitslosigkeit nicht ein kritisches Niveau erreicht, ist davon auszugehen, dass die Verbraucher weiterhin Geld ausgeben werden.
Bollwerke gegen den Abschwung: Sektoren mit hoher Widerstandsfähigkeit
Die Sektoren Telekommunikation, Versicherungen, Technologie und Gesundheitswesen haben sich als stabile Bollwerke gegen wirtschaftliche Abschwünge erwiesen. Im Gegensatz dazu sind Branchen wie Banken, Energie, Industrie und Rohstoffe stärker mit der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts verbunden und daher anfälliger für wirtschaftliche Unsicherheiten.
Der Nahrungsmittel- und Getränkesektor weist in diesem Jahr eine der schlechtesten Performance im Vergleich zu anderen Branchen auf. Obwohl die Aktien vieler Unternehmen immer noch mit hohen Multiplikatoren gehandelt werden, haben sich die Gewinne nicht entsprechend entwickelt.
Schlüsselthemen wie Medikamente und Künstliche Intelligenz bestimmen den Markt
Medikamente gegen Diabetes und Fettleibigkeit sind bedeutende Innovationen in der Gesundheitsbranche. Sie bieten neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten und tragen zur Bewältigung globaler Gesundheitsprobleme bei.
Künstliche Intelligenz (KI) wird besonders den großen Chipherstellern und Technologiegiganten wie Meta, Apple, Google, Tencent und Alibaba zugutekommen, da sie über umfangreiche Daten verfügen, die für die Entwicklung und Anwendung von KI von entscheidender Bedeutung sind. Während die Halbleiter- und Hardwarebranche unmittelbar von der KI profitieren wird, könnten auch das Gesundheitswesen und das Finanzwesen von den Fortschritten in der KI-Technologie profitieren und neue Möglichkeiten erschließen.
Es ist von großer Bedeutung, die möglichen Auswirkungen auf die Sicherheit unserer Daten im Zusammenhang mit der Nutzung von Technologien wie Künstliche Intelligenz zu berücksichtigen. Zudem sollten wir uns bewusst sein, dass unsere Abhängigkeit von Maschinen zunimmt und dies auch geopolitische Konsequenzen haben kann.
Verlagerung von Lieferketten: Europa handelt gegen Unsicherheit
Die aktuellen militärischen Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten stören nicht nur Lieferketten, sondern führen auch zu Handelsbarrieren. Um der unsicheren Lage in China entgegenzuwirken, investiert Europa verstärkt in die Windkraftindustrie. Um die Abhängigkeit von anderen Ländern zu verringern, werden Lieferketten näher am Heimatland oder zu politischen Verbündeten verlagert.
In den USA treibt die Rückverlagerung von Lieferketten vor allem die Bereiche Elektrofahrzeugbatterien und Transportausrüstungen an. Die Computer- und Elektronikbranche ist ebenfalls maßgeblich beteiligt und produziert unter anderem Solarzellen, Roboter, Drohnen und Halbleiter. Auch der Chemiesektor profitiert von dieser Entwicklung, insbesondere durch die Produktion von Pharmazeutika, erneuerbaren Energiequellen und Batteriekomponenten.
Um den Herausforderungen hoher Gaspreise und Engpässe entgegenzuwirken, verlagern petrochemische Raffinerien ihre Standorte an die US-Küste. Diese strategische Entscheidung hat positive Auswirkungen auf die Kunststoffverarbeitung und verspricht eine solide Zukunft für diesen Sektor. Insbesondere der Elektro- und Halbleitersektor tragen maßgeblich zu dieser Reshoring-Bewegung bei.
Die Weltwirtschaft steht vor einigen Herausforderungen, aber es gibt auch vielversprechende Chancen für Anleger. Eine genaue Beobachtung der Zinsen, Ölpreise und geopolitischen Entwicklungen ermöglicht es Investoren, mögliche Risiken einzuschätzen. Sektoren wie Telekommunikation, Versicherungen, Technologie, Gesundheitswesen und Künstliche Intelligenz bieten widerstandsfähige Möglichkeiten für Investitionen und langfristiges Wachstum.
Die Verlagerung von Lieferketten beschleunigt die sich bereits abzeichnenden Trends in der Wirtschaft. Unternehmen müssen sich anpassen und innovative Lösungen finden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In einer sich ständig verändernden wirtschaftlichen Landschaft sind Anpassungsfähigkeit und Innovation entscheidend für den Erfolg.